Ausgesuchte Urteile „Vor und in der Krise“
1. Identifizierende Berichterstattung über einen Unternehmer auf einer Website ist zulässig, sofern sie den Tatsachen entspricht
Das LG Berlin (Urteil vom 21.11.2014, Az.: 27 O 423/13) hat klargestellt, dass eine kritische Berichterstattung über einen Unternehmer auf einer Website auch dann zulässig ist, wenn er namentlich genannt wird. Damit bezog sich das Gericht auf die ständige Rechtsprechung des BGH. Da in diesem Fall die Online-Redaktion ihre Behauptungen nicht beweisen konnte, wurde sie vom Gericht zur Unterlassung der Berichterstattung verurteilt.
Unzulässig sind jedoch – wie allgemein bei Berichterstattungen – unwahre Tatsachenbehauptung, Formalbeleidigungen und sogenannte Schmähkritik, also Äußerungen, die den Betroffenen ohne sachlichen Grund bewusst und willkürlich herabsetzen.
Anmerkungen In der Rechtsprechung ist allgemein anerkannt, dass die Berichterstattung über Personen zwar einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellt, jedoch grundsätzlich durch die Meinungsfreiheit gedeckt ist, wenn es sich dabei um wahre Tatsachenbehauptungen handelt. Die Beweislast für diese Tatsachen trägt jedoch derjenige, der sie behauptet. Der Wahrheitsgehalt von Tatsachen ist vor Gericht also vor allem eine Frage der Beweisbarkeit.
2. Berichterstattung mit heimlich gedrehtem Filmmaterial zulässig?
Das Landgericht Stuttgart (Urteil vom 09.10.2014 – Az. 11 O 15/14) hat die Klage der Daimler AG gegen den SWR über eine mit versteckter Kamera gedrehter Reportage mit dem Titel „Hungerlohn am Fließband – Wie Tarife ausgehebelt werden“ abgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts verletze zwar die Anfertigung und die Verbreitung des Filmmaterials das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Daimler AG, jedoch müsse dieses Recht mit der Meinungs- und Rundfunkfreiheit des Senders in Einklang gebracht werden. Das Gericht stellte nochmals klar, dass die Grundrechte der Meinungs-, Rundfunk- und Informationsfreiheit nicht die rechtswidrige (also durch Täuschung und unter Verletzung ihres Hausrechts durchgeführte) Informationsbeschaffung schützen. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind solche Reportagen jedoch zulässig, wenn ein überragendes öffentliches Informationsinteresse an der Berichterstattung besteht, das die durch die rechtswidrige Beschaffung des Bildmaterials entstandenen Nachteile eindeutig überwiegt.
Anmerkungen Das Urteil, bestätigt die vom BVerfG und BGH aufgestellten Grundsätze zu investigativen Berichterstattungen (vgl. u.a. Wallraff-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, BVerfGE 66, 116 — 151; aber auch BGH, Urteil vom 30. September 2014 – VI ZR 490/12, wo die Veröffentlichung privater E-Mails zu Zwecken der Berichterstattung für zulässig erklärt wurden). Auch wenn damit zur Gewährleistung der Pressefreiheit häufig andere Interessen, wie z.B. Persönlichkeitsrechte, zurückstehen müssen, sollten mit den entsprechenden Medien bei Interviews, Unternehmens-besichtigungen etc. möglichst gleichwohl klare Absprachen getroffen werden. Diese gilt insbesondere für die Art der Auswertung von z.B. Interviewaussagen oder Filmmaterial und ggf. die Vereinbarung einer vorherigen Vorlage und Autorisierung / Freigabe dieses Materials durch das betroffene Unternehmen.
3. Sektenvorwurf kann durch „freie Meinungsäußerung“ gedeckt sein
Das Oberlandesgericht Frankfurt Main (OLG) hat in seinem Urteil vom 28.06.2018, Az. 16 U 105/17 ausgeführt, dass in dem vorliegenden Fall die Bezeichnung eines Unternehmens als „Sekte“ dem Schutz der freien Meinungsäußerung unterfällt, hinter den der „soziale Geltungsanspruch des Unternehmens“ zurücktritt.
Die Klägerin ist im Bereich der Medienproduktion tätig. Der Beklagte ist ein früherer Mitarbeiter der Klägerin. Er hat zwischenzeitlich mit anderen ein eigenes Unternehmen im Bereich der Medienproduktion gegründet. Der Beklagte wuchs in einer Glaubensgruppe auf, die er 2012 verlassen hat. In zahlreichen Presseveröffentlichungen, Medienauftritten und Berichten auf seiner Facebook-Seite äußerte er u.a., dass es sich bei der Gruppe um eine Sekte handele und deren Mitglieder auch hinter der Klägerin als Unternehmen stünden.
Die Klägerin nahm den Beklagten auf Unterlassung dieser und einer Vielzahl weiterer Äußerungen in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Der Beklagte sei nach Ansicht des OLG berechtigt, die Klägerin gegenüber deren Kunden und Mitgliedern eines beruflichen Netzwerks als Sekte zu bezeichnen. Zwar betreffe diese Bezeichnung die Klägerin in ihrem „sozialen Geltungsanspruch“. So würden im allgemeinen Sprachgebrauch Sekten „oft als religiöse Gruppen bezeichnet, die in irgendeiner Weise als gefährlich oder problematisch angesehen werden“. Die Äußerung sei damit geeignet, das Unternehmen in den Augen der Rezipienten negativ zu qualifizieren. Da der Beklagte diese Aussagen auch gezielt gegenüber den Kunden der Klägerin verbreitet habe, auf deren Aufträge die Klägerin zur Ausübung ihres Geschäftsbetriebs angewiesen sei, habe sein Verhalten sogar den „Charakter eines Boykottaufrufs“.
Unter Abwägung der betroffenen Interessen der Klägerin einerseits und des Beklagten andererseits sei die damit verbundene Beeinträchtigung der Klägerin jedoch nicht als rechtswidrig einzuordnen. Das Interesse der Klägerin am Schutz ihres sozialen Geltungsanspruchs als Wirtschaftsunternehmen überwiege nicht das Interesse des Rechts des Beklagten auf freie Meinungsäußerung. Auch ein Boykottaufruf könne „dem geistigen Meinungskampf“ dienen, wenn der „Aufrufende sich gegenüber dem Adressaten auf den Versuch geistiger Einflussnahme und Überzeugung, also auf Mittel beschränkt, die den geistigen Kampf der Meinungen gewährleisten“. Dies sei hier der Fall. Der Beklagte habe primär die „Aufklärung und Information der Kunden der Klägerin über die dort vorherrschenden ideologischen Wertvorstellungen und intern bestehenden Strukturen“ bezweckt. Denkbare eigene wirtschaftliche Vorteile hätten demgegenüber nicht im Vordergrund gestanden.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Anmerkungen Auch dieser Fall verdeutlicht die nicht immer einfache Abgrenzung zwischen „Tatsachenbehauptungen“ und „Meinungsäußerungen“ sowie den damit verbundenen möglichen rechtlichen Verletzungen. Schon anhand dieser Zusammenfassung kann man erahnen, in welcher er differenzierten Form eine Abwägung der unterschiedlichen Interessen seitens des Gerichtes vorgenommen werden musste. Es kommt also für immer wieder auf die Gesamtbetrachtung eines Falles an. Daher muss gerade in Fällen von Auseinandersetzungen dieser Art rechtzeitig und zwar vor Anrufung der Gerichte geklärt werden, welchen rechtlichen und unternehmerischen Risiken die Kontrahenten ausgesetzt sind, insbesondere, wenn auch noch ein mögliches Medien Interesse an derartigen Geschehnissen besteht.
4. Privater Boykott-Aufruf bei Facebook erlaubt?
Unternehmen müssen einen Boykott-Aufruf dulden, wenn Privatpersonen ihrem verständlichen Unmut auf diese Weise Luft machen. Das OLG Frankfurt am Main (Urteil vom 10.08.2017, Az.:16 U 255/16) hat entschieden, dass es zulässig ist, auf Facebook zum Boykott eines bestimmten Unternehmens aufzurufen, mit dessen Leistung ein Nutzer nicht zufrieden war. Ein privater Nutzer hatte bei Facebook ein Catering-Unternehmen kritisiert und u. a. geschrieben: „Liebe Leute, ein absolutes Ärgernis ist dieser Catering. Wir hatten ihn für unseren Abiball engagiert und es war eine absolute Katastrophe. Es hat nicht geschmeckt und nach 10 Minuten war es komplett leer. […] Finger weg von diesem Caterer! Wählt einen anderen Caterer!“. Das Gericht stellte in diesem Urteil klar, dass es sich bei einer solchen Äußerung zwar um einen Boykottaufruf handelt und dieser einen Eingriff in den Gewerbebetrieb darstellt. Ein solcher Boykott ist aber zulässig, wenn schutzwürdige Belange überwiegen. Da im vorliegenden Fall keine falschen Tatsachen behauptet und die Grenze zur Schmähkritik nicht überschritten wurde, überwog das schutzwürdige Interesse an der freien Meinungsäußerung. Das Gericht wies aber auch darauf hin, dass diese Grundsätze für Privatpersonen gelten und im Falle von Äußerungen eines anderen Unternehmens wettbewerbsrechtliche Aspekte geprüft werden müssten.
Anmerkungen In der Vergangenheit hat auch der BGH klargestellt, dass Boykottaufrufe i. d. R. dann von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, wenn nicht eigene wirtschaftlichen Interessen verfolgt werden, sondern aus Sorge um politische, wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Belange der Allgemeinheit gehandelt wird (vgl. z. B. BGH, Urteil vom 19.01.2016, Az.: VI ZR 302/15). Das OLG Dresden (Urteil vom 05.05.2015, Az.: 4 U 1676/14) hatte z. B. den Boykottaufruf eines politischen Gegners für zulässig erachtet, der dazu aufgerufen hatte, das Unternehmen eines AfD-Mitglieds zu meiden.
5. Google haftet für rechtswidrige Veröffentlichungen durch Dritte
Das LG Frankfurt a. M. (Urteil vom 09.02.2017, Az.: 2-03 S 16/16) hat entschieden, dass Suchmaschinenbetreiber als „Störer“ für eine unerlaubte Veröffentlichung von Fotos durch Dritte haften sobald sie Kenntnis davon haben. Ab diesem Moment haften sie auch für fremde Inhalte und sind daher verpflichtet, Verlinkungen auf rechtswidrige Inhalte zu löschen. Das Gericht stellte auch nochmals klar, dass Suchmaschinenbetreiber keine Access-Provider sind und daher direkt in Anspruch genommen werden können. Es ist also nicht erforderlich, sich zunächst an den Website-Betreiber oder den Host Provider der angegriffenen Webseite zu wenden.
Anmerkungen Mehrere Gerichte haben bereits entschieden, dass nicht nur der Täter einer Rechtsverletzung, also derjenige, der die Inhalte aktiv einstellt, sondern auch Suchmaschinenbetreiber dafür haften. (vgl. z. B. LG Hamburg, Urteil vom 07.11.2014, Az.: 324 O 660/12, OLG München, Beschluss vom 27.04.2015, Az.: 18 W 591/15, OLG Köln, Urteil vom 13.10.2016, Az.: 15 U 173/15). Die Pflicht zur Löschung tritt aber erst ein, wenn der Suchmaschinenbetreiber Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt. Er muss Inhalte also nicht selbstständig überprüfen, sondern erst reagieren, wenn er darauf hingewiesen wird.
Für Betroffene bedeutet dies, dass sie sich parallel an den Täter und den Suchmaschinenbetreiber wenden sollten, um die Löschung rechtswidriger Inhalte effizient durchzusetzen.
Die Betreiber von Plattformen wie Facebook, Twitter u.Ä. müssen sich im Übrigen zukünftig an die Vorschriften des gerade verabschiedeten „Netzwerkdurchsetzungsgesetzes“ halten, die gesteigerte Prüf- und Handlungspflichten bei Beschwerden vorsehen.
6. Sind kritische Äußerungen über Mitbewerber erlaubt? (OLG Brandenburg, Beschluss vom 31.05.2016, Az.: Au 7 E 16.251)
Das OLG Brandenburg (Beschluss vom 31.05.2016, Az.: Au 7 E 16.251) hatte darüber zu entscheiden, unter welchen Voraussetzungen sich ein Mitbewerber kritisch über einen Konkurrenten äußern darf. Geschäftsschädigende Tatsachenaussagen sind nach Auffassung des Gerichts zulässig und nicht wettbewerbswidrig, sofern ein berechtigtes Informationsinteresse und ein hinreichender Anlass bestehen und die Kritik in Art und Ausmaß verhältnismäßig ist. Im konkreten Fall wurde bei einem Interview zu einem in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratenen Unternehmen auch Aussagen über den Inhaber eines anderen Unternehmens getroffen.
Anmerkungen Grundsätzlich sind kritische Äußerungen über Mitbewerber zulässig, solange keine unwahren Tatsachen behauptet werden oder die Grenze zur Schmähkritik überschritten wird (siehe auch OLG Hamm, Urteil vom 14.11.2013, Az.: 4 U 88/13). Herabsetzende Meinungsäußerungen, die noch keine Schmähkritik darstellen, sind jedoch nicht zulässig, wenn kein Informationsinteresse daran besteht und sie vornehmlich wettbewerblichen Zwecken dienen (siehe dazu auch BGH, Urteil vom 17.12.2015, Az.: I ZR 219/13).
7. Umfang der Pflicht zur Löschung unwahrer Tatsachenbehauptungen
Wer unwahre Tatsachen im Internet verbreitet hat, muss darauf hinwirken, dass sie auch von Websites Dritter gelöscht werden. Sie nur von der eigenen Seite zu nehmen, reicht nicht aus. Das hat der BGH (Urteil vom 28. Juli 2015, Az.: VI ZR 340/14) entschieden. Im konkreten Fall hatte ein Rechtsanwalt auf der eigenen Homepage einen selbstverfassten Artikel über ein Klageverfahren veröffentlicht, der unwahre Tatsachenbehauptungen enthielt. Dieser wurde später gelöscht, war aber zwischenzeitlich schon von anderen Internetseiten übernommen worden. Das Gericht erkannte an, dass der Beklagte zwar nicht selbst die Löschung auf fremden Webseiten vornehmen kann, er müsse jedoch alles Mögliche und Zumutbare tun, um darauf hinwirken, dass die rechtswidrigen Inhalte dort gelöscht werden.
Anmerkungen Der Verbreiter unwahrer Tatsachen hat nach der Rechtsprechung weitreichende Pflichten, sicherzustellen, dass diese Inhalte nicht mehr im Internet auffindbar sind. Wie wir bereits im Zusammenhang mit dem Urteil des OLG Celle im vorangegangenen 5. Newsletter berichteten, besteht zunächst die Pflicht, auf die Löschung von Inhalten in Suchmaschinen hinzuwirken. Das BGH-Urteil erweitert diese Pflichten nochmals. Soweit eigene Inhalte auf fremden Internetseiten übernommen wurden, soll nun eine Pflicht bestehen, auch bei diesen auf eine Löschung hinzuwirken. Bedauerlicherweise lässt der BGH offen, wie diese Pflicht konkret umgesetzt werden kann. Zumutbar dürfte sein, zunächst die eigenen Inhalte zu „googlen“. Soweit diese auch anderweitig veröffentlicht werden, sollten die Betreiber dieser Internetseiten nachweislich angeschrieben und zur Entfernung des Inhalts aufgefordert werden.
8. Zur Zulässigkeit einer identifizierenden Verdachtsberichterstattung
Das OLG Karlsruhe (Urteil vom 2. Februar 2015, Az.: 6 U 130/14) hat entschieden, unter welchen Voraussetzungen die Berichterstattung über ein Ermittlungsverfahren zulässig ist, wenn der Beschuldigte dadurch identifiziert werden kann. Eine Lokalzeitung hatte über die staatsanwaltlichen Ermittlungen gegen einen Zahnarzt berichtet, der seinen Patienten ohne medizinische Notwendigkeit Zähne gezogen und durch Implantate ersetzt haben soll. Dabei wurde zwar nicht der Name, jedoch einige Details der betroffenen Zahnarztpraxis genannt, so dass diese leicht zu identifizieren war. Das Gericht hielt diese Berichterstattung für zulässig, da sich die Zeitung an die Grundsätze der zulässigen „Verdachtsberichterstattung“ gehalten hatte. Die Zeitung hatte insbesondere den Wahrheitsgehalt der berichteten Tatsachen sorgfältig recherchiert, der Artikel enthielt keine Vorverurteilung des Betroffenen und es wurde versucht, eine Stellungnahme des Betroffenen einzuholen. Der berichtete Vorfall war zudem so schwerwiegend und führte zu einer Verunsicherung in der Bevölkerung, dass die durch den Artikel bewirkte Identifizierbarkeit des Betroffenen durch das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gerechtfertigt war. Das Gericht stellte dabei jedoch auch klar, dass es nicht zulässig gewesen wäre, den Namen des Beschuldigten zu nennen.
Anmerkungen In der Rechtsprechung ist allgemein anerkannt, dass die identifizierende Berichterstattung über Personen zwar einen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht darstellt, jedoch durch die Meinungs- und Pressefreiheit gedeckt ist. Das setzt aber voraus, dass es sich um Tatsachenbehauptungen handelt und ein schutzwürdiges öffentliches Interesse an der Berichterstattung besteht. In diesem Urteil wurden nochmals die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für Verdachtsberichterstattungen bestätigt.
9. Gegendarstellungsanspruch auch bei einer als Frage formulierten Pressemeldung
Das OLG Zweibrücken (Urteil vom 29.01.2015, Az.: 4 U 81/14) hatte die Frage zu entscheiden, ob auch dann ein Anspruch auf Gegendarstellung besteht, wenn die Überschrift der Pressemeldung als Frage formuliert ist. Im vorliegenden Fall hatte eine Zeitschrift über einen Prominenten auf der Titelseite geschrieben: „Sterbedrama um seinen besten Freund – Hätte er ihn damals retten können?“ Aus dem Artikel im Innenteil der Zeitschrift wurde jedoch klar, dass es keinerlei Bezug des Prominenten zu dem krankheitsbedingten Tod seines früheren Schulfreundes gab.
Das Gericht ging davon aus, dass es sich bei der Formulierung nicht um eine echte Frage handele. Diese wäre wie ein Werturteil zu behandeln. Gegen Meinungen besteht aber kein Anspruch auf Gegendarstellung. Die Formulierung im vorliegenden Fall sei jedoch eine Äußerung mit so viel tatsächlichem Gehalt, dass diese einer Gegendarstellung zugänglich sei. Für den durchschnittlichen Leser werden durch die Formulierung verdeckte Behauptungen aufgestellt, da das Aufwerfen der Frage nach der Rettungsmöglichkeit nur im Zusammenspiel mit der unmittelbar und in größerer Schrift vorangestellten plakativen Aussage zu dem „Sterbedrama“ gedeutet werden kann.
Anmerkungen Das Gericht hat mit dieser Entscheidung klargestellt, dass der Gegendarstellungsanspruch nicht dadurch umgangen werden kann, dass Behauptungen als Frage formuliert werden. Diese Art der Formulierung wird häufig in der Boulevardpresse verwandt, um das Interesse der Leser zu wecken, hat dann aber häufig mit dem Inhalt des Artikels wenig zu tun. Der Anspruch auf Gegendarstellung steht jedem Betroffenen zu, wenn über ihn in den Medien Tatsachen behauptet werden. Diese Tatsachen müssen jedoch nicht nachweisbar falsch sein. Die Gegendarstellung soll dem Betroffenen nur die Möglichkeit geben, seine Sicht darzustellen.